Wollmanufaktur Zwergenreich
Ratgeber für das erste Jahrsiebt

Kleidung im Dienst der Entwicklung des Bewusstseins

05.11.09
Kleidung im Dienst der Entwicklung des Bewusstseins
Kulturtagung am Goetheanum machte Zusammenhänge zwischen dem Ich und seinen Hüllen deutlich
Von: NNA-Korrespondent Wolfgang G. Voegele
Bekleidungskunst
Bericht-Nr.: 091105-01DE Datum: 5. November 2009
© 2009 News Network Anthroposophy Limited (NNA).

DORNACH (NNA). „Die Hüllen und das Ich. Wandlungen der Seele als Grundlage der Kulturepochen“
war der Titel einer Tagung im Oktober im Dornach. Als Referenten hatte die Sektion für Schöne Wissenschaften die Kulturanthropologin Heide Nixdorff, von 1986 bis 2005 Professorin für
Kulturgeschichte der Textilien an der Universität Dortmund, und den Physiker
und Schriftsteller Leonhard Speckner gewinnen können.
Wie könnte die Bekleidung im heutigen Zeitalter der Bewusstseinssele
aussehen? „Kleidung wird Kunst, wenn ich weiß, warum ich sie trage“, sagte
Joseph Beuys. Rudolf Steiner zufolge entstand das Bedürfnis nach Bekleidung,
nachdem die Fähigkeit des Sehens der menschlichen Aura verloren gegangen
war. (Steiner: „Zufall, Notwendigkeit und Vorsehung“ GA 163). Die
Bekleidungskunst habe zu allen Zeiten versucht, die naturgegebenen
übersinnlichen Hüllen fantasievoll abzubilden oder neu zu gestalten.
Körperbemalung und Tätowierung der Naturvölker machten die visionären Klänge
und Muster der menschlichen Aura sichtbar.
Selbsterziehung, Forschung, Bildung und nicht zuletzt Meditation dienten dem
Ziel, die Seele zu reinigen. Es gehe um Aura-Gestaltung. Wieviel „Festkleid“
wir bei einem gewissen Erfolg darin dann noch brauchen, werde sich zeigen,
so Nixdorff. Der unbewusste Griff nach Lieblingsfarben habe vielleicht mit
der Befindlichkeit der Seele zu tun, „die auch in der Aura zur Erscheinung
kommt“. Nixdorff berief sich auf ein Wort des Philosophen Walter Benjamin,
demzufolge die Versenkung ins Äußere die Frage nach dem Gestalter und den
Beweggründen für seine Gestaltung der Materie wachrufe. So werde der Blick
geweckt „in die Unschärfe, ins Innere und je nachdem auch ins Jenseits.“
Ausgehend von Steiners Annahme, dass das aurische Farbenerleben in Zukunft
wieder möglich sein werde, prognostizierte Speckner eine zunehmende
Individualisierung der Mode und Bekleidungskunst: „Je mehr unter den
Menschen das aurische Farbensehen wieder Platz greift, umso mehr werden
schreiende Gegensätze zwischen der Aura eines Menschen und seiner Kleidung
wieder wahrnehmbar. Geschmackvolle Menschen werden sich aus wohlverstandenem
Eigeninteresse davor hüten, deplatzierte Missverhältnisse in ihrer Hülle zu zeigen (...)
Während die Pariser Modeszene jedes Jahr der Welt ihre Vorstellungen eines einheitlichen „Look“ diktiert,
werden die aurischen Unterschiede, die ja zu den physischen noch hinzukommen, ein starker Anreiz
zu individueller Bekleidungskunst sein“, so Speckner.